Putin zu besuch bei Erdogan um über das Unabhängigkeitsreferendum im Nordirak entscheiden

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TOPSHOT - Russian President Vladimir Putin (L) speaks to Turkish President Recep Tayyip Erdogan (R) as they attend a press conference on October 10, 2016 in Istanbul. Putin visits Turkey on October 10 for talks with counterpart Recep Tayyip Erdogan, pushing forward ambitious joint energy projects as the two sides try to overcome a crisis in ties. / AFP PHOTO / OZAN KOSE

Roji Kurd; Nach dem Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs im türkisch-syrischen Grenzgebiet hat Moskau die in der Türkei lebenden eigenen Staatsangehörigen zur Rückkehr nach Russland aufgefordert. „Angesichts der aktuellen terroristischen Bedrohung in der Türkei wiederholen wir unseren Aufruf an die russischen Staatsbürger davon abzusehen, die Türkeizu besuchen, und rufen diejenigen auf, die sich dort aus persönlichen Gründen aufhalten, nach Hause zurückzukehren“, erklärte das russische Außenministerium am Donnerstag.

Jetzt ist Putin zum ersten Mal seit drei Jahren wieder in Ankara zu Besuch. Für den Abend sind Gespräche mit Erdogan im Präsidentenpalast geplant. Die Staatschefs wollen über den Krieg in Syrien beraten, über das Unabhängigkeitsreferendum im Nordirak und über Wirtschaftsfragen.

Spätestens seit die Türkei Anfang September jedoch das Raketensystem S-400 von Moskau gekauft hat, sind westliche Sicherheitspolitiker alarmiert. Offiziell heißt es, das System sei womöglich nicht mit Nato-Equipment kompatibel. Tatsächlich wächst in Europa und den USA die Sorge, die Türkei könnte grundsätzlich aus dem Verteidigungsbündnis ausscheren.

Erdogan treibt die Annäherung an Russland vor allem aus strategischen Gründen voran. Er will Europäern und Amerikanern demonstrieren, dass er auf ihr Wohlwollen nicht angewiesen ist, dass die Türkei im Zweifel auch andere Partner hat. Zugleich glaubt er, den Interessen seines Landes in Syrien sei inzwischen am ehesten durch die Zusammenarbeit mit Russland gedient.

Die türkische Regierung ist mit dem Versuch gescheitert, den syrischen Diktator Baschar al-Assad mithilfe islamistischer Extremisten zu stürzen. Nun geht es ihr in Syrien vor allem darum, einen Kurden-Staat zu verhindern. Erdogan zählt dabei auf die Unterstützung der Assad-Verbündeten Russland und Iran.

 Zwischen Russland und der Türkei entspinnt sich nach dem tödlichen Zwischenfall ein Konflikt. Während die Türkei darauf beharrt, vor dem Abschuss ausführlich gewarnt zu haben, stellt sich Moskau als Opfer einer ansatzlosen und heimtückischen Attacke dar. Offenbar laufen auch schon Gegenschläge Putins: Einem Bericht der türkischen Zeitung “Daily Sabah”zufolge wurde im syrischen Grenzgebiet nahe der Region Kilis ein türkischer Hilfs-Konvoi beschossen. Die Staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet, dass auf circa 20 LKWs gezielt wurde. Sieben LKW-Fahrer starben angeblich bei den Angriffen.

das Unabhängigkeitsreferendum im Nordirak ist andere wichtige Thema im diese bezihung.

Ungeachtet internationaler Proteste und gegen den Willen der irakischen Zentralregierung haben viele Kurden am Montag über die Unabhängigkeit ihrer Region abgestimmt.

78 Prozent der 5,2 Millionen Wahlberechtigten hätten sich an dem Referendum beteiligt, berichtete der kurdische Fernsehsender Rudaw TV. Das Ergebnis soll innerhalb von 72 Stunden vorliegen.

 Die große Mehrheit der Wahlberechtigten hat am Montag für die Unabhängigkeit von Irakisch-Kurdistan gestimmt.

Rund 90 Prozent der Wähler für die Loslösung vom Irak gestimmt hätten. Die Beteiligung soll bei 72 Prozent gelegen haben.

„Auf diesen Tag haben wir hundert Jahre gewartet“, sagte ein Wähler in Arbil, der Hauptstadt der Region. „Wir wollen einen eigenen Staat haben.“ In dem Dorf Scheich Amir an der Front westlich von Arbil standen kurdische Kämpfer in einer langen Schlange vor einem Wahllokal in einer Schule an. Nach der Stimmabgabe hielten sie ihre mit Tinte markierten Finger hoch, die meisten von ihnen lächelten. Die irakischen Kurden betrachten die Abstimmung auch als Anerkennung ihres Kampfes gegen die Islamisten-Miliz „Islamischer Staat“ (IS), die 2014 die irakische Armee überrannt und zeitweise ein Drittel des Staatsgebiets unter ihre Kontrolle gebracht hatte.

In den mehrheitlich von Kurden bewohnten Städten in Nordwestiran feierten am Montag und Dienstag Tausende Menschen auf den Straßen das Referendum im Nachbarland. Die Sicherheitskräfte ließen sie weitgehend gewähren – obwohl Demonstranten kurdische Flaggen schwenkten, die in Iran eigentlich verboten sind.

Das Regime in Teheran hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass ein ähnliches Unabhängigkeitsreferendum im iranischen Teil Kurdistans undenkbar ist. Deshalb wird den iranischen Kurden das Referendum im Irak auch kaum helfen. In Gegenteil: Weil Israel die kurdischen Unabhängigkeitsbestrebungen unterstützt, bezeichnet die Regierung in Teheran die Pläne als „zionistische Verschwörung“. Israelische Agenten verfolgten mit der Unabhängigkeit Kurdistans den Plan, die Länder des Nahen Ostens zu destabilisieren.

Dafür zeigt sich ausgerechnet das syrische Regime plötzlich kompromissbereit. Zumindest eine weitgehende Autonomie sei zukünftig möglich, kündigte Außenminister Walid al-Moallem an. „Die syrischen Kurden wollen eine Art Selbstverwaltung innerhalb Syriens. Darüber können wir verhandeln und diskutieren“, sagte Moallem. Zuerst müsse aber die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) besiegt werden.

Dass die Regierung in Damaskus dann ihr Versprechen einlöst, ist zweifelhaft. In den vergangenen Jahrzehnten hat das Assad-Regime mehrfach größere Rechte für die kurdische Minderheit versprochen – und nie verwirklicht. Das nun in Aussicht gestellte Zugeständnis ist deshalb vor allem als Provokation in Richtung des türkischen Präsidenten Erdogan gedacht – der eine Autonomie der Kurden in seinem eigenen Land und in Nordsyrien gleichermaßen ablehnt.

Insgesamt leben in der Region etwa 40 Millionen Kurden verteilt über mehrere Staaten. Auch die Regierung in Teheran befürchtet ein Erstarken der Minderheit in Iran. Der iranische Militärberater Jahja Rahim Safawi verurteilte das Referendum als „Hochverrat“ an den Kurden im Irak. Iran habe den Flugverkehr in die Region gestoppt, sagte er der amtlichen Nachrichtenagentur Irna. Er hoffe, dass die Nachbarstaaten auch die Landwege sperrten.

 

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