An der Bundespressekonferenz hat Kanzlerin Angela Merkel die Türkei und Polen scharf kritisiert.

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Roji Kurd: Knapp vier Wochen vor der Bundestagswahl stellt sich Bundeskanzlerin Merkel (CDU) vor der Bundespressekonferenz den Fragen der Hauptstadtjournalisten. Normalerweise ist dies ein Routinetermin gegen Ende der Sommerpause, doch gewinnt er diesmal wegen des nahen Wahltermins besondere Bedeutung.

Merkel hat die türkischstämmigen Menschen in Deutschland um Verständnis für das harte Vorgehen ihrer Regierung gegenüber Ankara gebeten. «Ich würde sehr gerne bessere Beziehungen zur Türkei haben, aber wir müssen die Realität betrachten», sagte Merkel vor den Medien. Wegen der Inhaftierung deutscher Staatsbürger in der Türkei sei die Neuorientierung in den Beziehungen «leider notwendig» gewesen.

Sie werde überdies EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk schon an diesem Mittwoch darüber informieren, dass Deutschland die Verhandlungen über eine Ausweitung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei blockieren werde. «Ich sehe nicht und wir sehen nicht als Bundesregierung, dass wir in den nächsten Monaten ein Mandat erteilen könnten, um über die Zollunion zu sprechen, solange die Situation so ist wie sie jetzt ist», sagte sie. Die CDU-Chefin verwies darauf, dass Gespräche über die Ausweitung der Zollunion von den EU-Mitgliedern einstimmig beschlossen werden müssten.

Mahnung an Polen

Eine Verbesserung hänge mit der «Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien» zusammen, erklärte die Kanzlerin. «Die sehen wir im Augenblick in der Türkei nicht gewährleistet.» Ausserdem gebe es die «ganz eindeutige Forderung» der Bundesregierung, die aus politischen Gründen inhaftierten Deutschen freizulassen.

Auch an die polnische Regierung hat Merkel eine scharfe Mahnung gerichtet. So sehr sich Deutschland gute Beziehungen zu Polen wünsche, «wir können da nicht einfach den Mund halten», sagte die Kanzlerin. Die Frage der Rechtsstaatlichkeit in Polen sei ein «ernstes Thema». Es gehe dabei um die Grundlagen der Zusammenarbeit in der EU. So wichtig der Zusammenhalt der EU-Staaten auch gerade angesichts des geplanten Austritts Grossbritannien sei, dürfe die Rechtsstaatlichkeit nicht vernachlässigt werden. «Zusammenhalt unter Preisgabe der Rechtsstaatlichkeit ist nicht mehr die Europäische Union», sagte Merkel.

Die EU-Kommission hat der nationalkonservativen Regierung in Warschau wegen ihrer umstrittenen Justizreformen im Juli mit Sanktionen bis zur Einleitung eines Verfahrens zum Stimmrechtsentzug auf europäischer Ebene gedroht. Polen hatte am Montag die Einwände Brüssels erneut zurückgewiesen und erklärt, diese seien «ohne Grundlage».

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