Sacharow-Preis an Kurden Jesidinnen

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Von der Terrormiliz IS verschleppt, vergewaltigt und gequält: Doch die beiden jesidischen Frauen Nadia Murad und Lamija Adschi Baschar konnten entkommen und erheben seither ihre Stimmen gegen den Terror. Jetzt haben sie in Straßburg den Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit des EU-Parlaments erhalten.

Nadia Murad und Lamija Adschi Baschar seien zwei außergewöhnliche, bemerkenswerte junge Frauen, die für ihre Gemeinschaft aufopferungsvoll kämpften, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) bei der Verleihung in Straßburg. Sie seien Heldinnen, die Europa an seine Pflicht erinnerten.Die Preisträgerin Lamija Adschi Baschar sagte am Montagabend, dass sie den Preis stellvertretend für die gesamte Jesiden-Gemeinschaft entgegennehme. „Es gibt Tausende Mädchen wie Nadia und mich.“

Vorgehen des IS als Genozid werten

Nadia Murad betonte ihr Ziel, dass das brutale Vorgehen der Terrormiliz Islamischer Staat international als Genozid gewertet wird. „Fast jede Familie hat ein oder zwei Menschen durch die Tötungen oder Versklavung des IS verloren“, sagte sie. Zudem dankte sie dem Land Baden-Würtemberg, das sie aufgenommen hat. Ohne diese Unterstützung hätte sie nicht in dieser Weise auf das Schicksal der Jesiden aufmerksam machen können, sagte sie.Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im EU-Parlament, Elena Valenciano aus Spanien, betonte, der Sacharow-Preis gelte dem Mut der beiden Frauen. Sie hätten die Grausamkeiten und ihre Traumata überwunden, um mit ihren Stimmen Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit zu verteidigen.Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), sagte, dass die Auszeichnung von Murad und Adschi Baschar ein wichtiges Zeichen für die unzähligen Menschen in der Region sei, die unter dem IS litten.

Mutiger Neuanfang

Die Terrororganisation überfiel im August 2014 den Heimatort der beiden jungen Frauen und massakrierte nach Angaben des EU-Parlaments die männlichen Bewohner. Die Frauen und Kinder des Ortes wurden versklavt, wiederholt verkauft und als Sexsklavinnen ausgebeutet und missbraucht.

Murad gelang Ende 2014 die Flucht. Mit einem Sonderprogramm für IS-Opfer kam sie nach Deutschland. Seit September ist sie UN-Sonderbotschafterin im Kampf gegen den Menschenhandel. Unterstützt wird sie unter anderen von der US-Staranwältin Amal Clooney, der Ehefrau des Hollywoodstars. Für ihr Engagement bereits mit dem Vaclav-Havel-Preis des Europarats geehrt und rief in Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zur Hilfe für die Jesiden auf.Baschar unternahm mehrere Fluchtversuche, bevor sie entkommen konnte. Auf der Flucht sei sie durch eine Tretmine verletzt worden und nahezu erblindet.

Auch Dündar unter Nominierten

In der Endrunde für den Sacharow-Preis waren auch der aus seiner Heimat vertriebene Vertreter der Krimtataren, Mustafa Dschemilew, und der regierungskritische türkische Journalist Can Dündar, der in Deutschland im Exil lebt. Die Preisträger werden alljährlich von den Chefs der Fraktionen und dem Präsidenten des Europaparlaments ausgewählt.Der nach dem verstorbenen russischen Dissidenten und Physiker Andrej Sacharowbenannte und mit 50.000 Euro dotierte Preis wird vom Europaparlament seit 1988 an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für Menschenrechte und Demokratie einsetzen. Im vergangenen Jahr hatte der zu Haft und Peitschenhieben verurteilte saudi-arabische Blogger Raif Badawi die Auszeichnung erhalten.

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