Der kurdische Traum ist vorbei

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Jan Jessen

Die Kurden haben hoch gepokert und verloren. In absehbarer Zeit wird es kein unabhängiges Kurdistan geben. Gewinner ist das Mullah-Regime im Iran.

Kurdenpräsident Masud Barzani hat hoch gepokert, er hat alles gesetzt – und er hat alles verloren. Der Traum von der kurdischen Unabhängigkeit ist vorbei. Ohne die Erdölfelder von Kirkuk gibt es kein tragbares wirtschaftliches Fundament. Am Ende dessen, was gerade im Nordirak geschieht, werden die Kurden weniger Autonomie als bisher haben, die Zentralregierung in Bagdad wird sie ans finanzielle Gängelband nehmen.

Die Hoffnung der Kurden, ihr aufopferungsvoller Kampf gegen den Weltfeind „Islamischer Staat“ werde von den westlichen Partnern zumindest mit der Unterstützung ihrer Unabhängigkeitsbestrebungen belohnt, hat sich zerschlagen. Sie war von vorneherein vergeblich.

Gescheitert sind die Kurden aber nicht nur wegen dieser Fehleinschätzung, sondern auch an der alten kurdischen Krankheit: Die Loyalität zum Stamm zählt mehr als die zum Volk. Es war für die Gegner der kurdischen Unabhängigkeit ein Leichtes, die tribalen Zwistigkeiten erneut aufkochen zu lassen und für die eigenen Zwecke zu nutzen. Nur so konnte Kirkuk so rasch und einfach fallen.

Die USA und Europa haben die Chance verspielt zu beweisen, dass ihr Wertekanon wichtiger ist als geopolitische Interessen; dabei wäre es in ihrem ureigensten Interesse gewesen, einen Partner in der Region zu haben, der ihre Werte teilt. Zugleich haben sie das Heft des Handelns aus der Hand gegeben.

Der Iran ist der große Gewinner des Spiels. Ohne Teheran geht nichts mehr, weder im Irak noch in Syrien. Damit ist die Basis für künftige Konflikte gelegt. Denn die Golfstaaten um Saudi-Arabien werden nicht lange zuschauen, wie der Erzfeind seine Machtfülle mehrt.

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